Horst Rohwer

„Ich hole die Zeit nach”

Über 20 Jahre verbrachte Horst Rohwer in einem Kokon aus Alkohol, versteckte sich darin selbst vor seinen Kindern. Nun lebt er sein zweites Leben. Auch schon 20 Jahre.

Lässig steht Horst Rohwer auf der Treppe seines Hauses im norddeutschen Itzehoe, einer Kleinstadt unweit von Hamburg. Zwei Stockwerke hat das Haus, einen großen Garten, es ist eine kleine Idylle. „Die habe ich selbst gebaut", sagt Horst Rohwer und zeigt auf eine hölzerne Wendeltreppe, die hinaufführt ins Dachgeschoss. „Die war Teil meiner Therapie." Über mehrere Jahre hat Horst Rohwer das Haus Stück für Stück ausgebaut und renoviert und hat sich damit auch von seinem alten Leben getrennt. „Ich kann mich heute freuen Menschen in den Arm nehmen", sagt Horst Rohwer. „Das konnte ich damals nicht."

20 Jahre im Kokon aus Alkohol
Damals war Rausch. Mehr als 20 Jahre verbrachte Horst Rohwer in einem Kokon aus Alkohol. Genauso lang ist er jetzt trocken. „Ich dachte, ich hätte ein Leben", blickt Horst Rohwer zurück. „Das aber war ein Trugschluss." Im ruhigen Auf und Ab seines norddeutschen Akzents erzählt Horst Rohwer, wie an seinen Teenager-Wochenenden stets die „Buddel" rumging. Mit jedem Schritt in seinem Leben steigerten sich dann Regelmäßigkeit und Mengen. Er heiratete, wurde Vater und trank täglich. „Ich habe weder für mich selbst noch später für meine Familie Verantwortung übernommen", sagt Horst Rohwer - und irgendwann nicht mehr übernehmen können. Zwar hat er immer gearbeitet, doch das Leben lief an ihm vorbei.

Seine Frau, die nicht co-abhängig war, seine Krankheit nie deckte und sich nie damit abfand, schmiss sowohl den Haushalt als auch die Erziehung. „Für meine zwei kleinen Söhne war ich jemand, der betrunken auf dem Sofa vor dem Fernseher liegt", erinnert sich Horst Rohwer. Und mit seiner Frau habe ihn außer kleineren Streits nicht mehr viel verbunden. Dabei war Horst Rohwer nicht aggressiv, doch für seine Familie war er ein Fremder.

Sein zweites Leben begann am 12. September 1989. Horst Rohwer nennt es den „großen Knall". Mit 3,8 Promille kam er damals auf die Intensivstation, 27 Stunden war er klinisch tot. „Ich hatte viel Glück", sagt Horst Rohwer. Er überlebte, blieb sechs Wochen im Krankenhaus, entzog. Dann ging er nach Hause. „Es ist ja aber nicht so, dass sich mit einem Schlag alles ändert." Was folgte, waren Jahre des Aufbaus und des Aufarbeitens. Als er seinen Söhnen zum ersten Mal etwas verbieten wollte, gingen die zu ihrer Mutter und fragten, ob sie auf ihn hören müssten.

Heute ist er für sie der Vater und seine Frau hat einen Ehemann. Auch das soziale Umfeld wandelte sich fast vollständig. Horst Rohwer fuhr zu Seminaren des Blauen Kreuzes in der Ev. Kirche, besuchte mit seiner Frau Paarseminare und ließ sich später zum Suchtkrankenhelfer ausbilden. „Ich habe durch die Seminare mehr Leute kennen gelernt und Freundschaften geschlossen, als das sonst möglich gewesen wäre", sagt Horst Rohwer. Nachdem er seinen Job als LKW-Fahrer wegen eines Unfalls aufgeben musste, fand er im Renovieren des Hauses eine Aufgabe. Das Betreuen einer Jugendgruppe des Blauen Kreuzes in der Ev. Kirche in Itzehoe gab weiteren Halt und vor allem auch weitere Lebensfreude. Mit den Kindern und Jugendlichen fährt er in Kurzurlaube, führt Gespräche, setzt sich für sie ein.

„Wenn wir heute feiern, wird keiner müde“
„Ich werde 57 im September", sagt Horst Rohwer und es klingt, als überrasche ihn das selbst ein wenig. „Ich hole die Zeit nach, die ich nicht bewusst erlebt habe", fügt er hinzu. Wahrscheinlich wirkt er deshalb jünger, als er den Jahren nach ist.

Horst Rohwer ist gefestigt, verjährt aber, sagt er, sei nichts. „Ich gehe immer noch fast jede Woche in die Selbsthilfegruppe. Es wird nichts unter den Tisch gekehrt, dazu ist die Krankheit zu heimtückisch." Als einmal eine geschenkte Flasche Cognac in der Wohnung stand, war es jedoch seine Frau, die es nicht aushielt: Sie entsorgte die Flasche. „Da sind heute noch Empfindsamkeiten", sagt Horst Rohwer. Es habe Jahre gedauert, das Vertrauen wieder herzustellen und selbst zur Besinnung zu kommen. Dass alles wieder aufzugeben, wegen Alkohol, komme nicht in Frage, sagt er.

Einen Nachteil aber habe die Sache schon, befindet Horst Rohwer ironisch. „Wenn wir heute feiern, werden die Leute gar nicht müde", sagt Horst Rohwer lachend. „Es trinkt ja niemand etwas."

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