„Unter der (Merkur-) Sonne fand ich kein Glück“
Mein Name ist André. Ich bin 53 Jahre und spielfreier Glückspielsüchtiger. Meine Sucht begann vor 36 Jahren harmlos mit gelegentlichen Besuchen in der Spielothek. Über die Zeit wurden die Besuche mehr und dann fast täglich. Dies führte dazu, dass es existenzbedrohend und selbstzerstörerisch wurde. Obwohl es mehrere Versuche gab, Spielfreiheit zu erlangen, scheiterten diese aber immer wieder. Seit 2012 besuche ich jede Woche eine Selbsthilfegruppe von Glückspielsüchtigen. Durch die Gespräche und dadurch, dass alle in der Gruppe genau wissen, was es bedeutet Spieler zu sein, konnte ich, auch durch die Erfahrungen und Tipps der Mitbetroffenen, spielfrei werden. Wegen der regelmäßigen Teilnahme an der Gruppe kann ich bis heute sagen „GAME OVER“.
Der Schritt in die Abhängigkeit
Bei den meisten Glücksspielsüchtigen dauert es mehrere Jahre, bis sich aus dem regelmäßigen Spiel eine Sucht entwickelt.
Erste Verluste werden als einmalige Pechsträhne erlebt. Später wird immer mehr Zeit für das Glücksspiel aufgewendet und die Geldeinsätze werden höher und riskanter.
Es entwickelt sich der unwiderstehliche Drang, immer wieder zu spielen in der Hoffnung, zu gewinnen oder verlorenes Geld zurückzubekommen. (DHS 2022: 36)*
Über Glücksspiele
Diese sind weit verbreitet; seien es z. B. Geldspielautomaten in der Imbissbude, in Spielhallen, Pokerspiele, Casino oder Wetten, insbesondere Fußballwetten … und vieles wird auch online angeboten.
Besonders reizvoll und mit hohem Suchtpotenzial sind Glücksspiele, die einen schnellen Spielablauf mit raschen Gewinn- und Verlustentscheidungen haben. Wenn die Walzen an den Automaten fast eine Serie gewesen wären, verleitet das Gefühl „fast gewonnen zu haben“ stark zum Weiterspielen.
Das Gefühl, den Spielverlauf steuern zu können, wird z. B. durch Stopp-Tasten an Geldspielautomaten, durch die Überschätzung der eigenen Fähigkeiten beim Pokern oder durch die Begeisterung als Fußballfan beim Wetten geweckt.
Glücksspiele sind leicht zugänglich, die Folgen werden verharmlost und man kann diese unauffällig Tag und Nacht z. B. im Internet nutzen.
Glücksspielsucht …
… ist eine Krankheit und bestimmt das Alltagsleben Spielsüchtiger
Glücksspielsucht beschreibt ein andauerndes und wiederkehrendes, fehlangepasstes Glücksspielverhalten, das als Impulskontrollstörung angesehen, aber auch als Abhängigkeitssyndrom behandelt wird. Meist sind männliche Patienten um die 30 Jahre in Beratung und Behandlung. Sie spielen über Jahre intensiv an Geldspielautomaten und zeigen auffällige Merkmale wie hohe Verschuldung, erhöhte Selbstmordgefährdung und häufiges grenzüberschreitendes Verhalten. Zusätzlich leiden viele von ihnen unter psychischen und / oder psychosomatischen Störungen und bei etwa einem Viertel besteht zusätzlich eine stoffgebundene Abhängigkeit. (DHS 2022: 136 ff)*
Spielsüchtige nehmen fast jede Gelegenheit wahr, um zu spielen. Ihre Zeit für die Familie, die Partner*innen, die Kinder, die Freund*innen verringert sich. Es ist eine unauffällige Sucht und so bemerken Betroffene selbst erst spät, dass ihr Verhalten Probleme mit sich bringt. Sie verstricken sich in ein Netz aus Lügen.
Spieler*innen beginnen, ihr Glücksspielen zu verheimlichen, sich Geld zu leihen oder nehmen sogar Kredite auf, um das Glücksspiel weiter finanzieren zu können. So beginnt ein stetiger Verlust-Gewinn-Kreislauf. Die Heimlichkeiten führen zu innerer Anspannung, Unruhe, Schlafstörungen und Erschöpfung.
Folgen der Glücksspielsucht
Betroffene berichten von vielfältigen Folgen, wie seelische Erschöpfung, psychosomatische Beschwerden, Existenzängste und Suizidgedanken. Mit fortschreitender Glücksspielsucht kommt es zu sozialer Ausgrenzung, Schuld- und Schamgefühlen, die die Suchtentwicklung weiter vorantreiben. Betroffene integrieren sich in Subgruppen mit einem glücksspiel-spezifischen Lebensstil, der auch illegale Geldbeschaffungsmethoden einschließen kann.
Verleugnungsmechanismen erschweren die Begrenzung des Suchtkreislaufs und die Motivation zur Veränderung entsteht oft erst nach schwerwiegenden Ereignissen wie dem finanziellen Ruin, dem Verlust familiärer Unterstützung, beruflicher Existenzbedrohung, Straffälligkeit oder nach psychiatrischer Behandlung nach Suizidversuchen. (DHS 2022: 31)*
Der Ausstieg
Dieser beginnt, wenn Betroffene sich
- aus dem Verborgenen lösen,
- an eine Beratungsstelle wenden – anonym, vertraulich,
- an eine Selbsthilfegruppe für
- Glücksspieler*innen wenden.
Das Behandlungsangebot ist vielfältig und wird individuell mit den Betroffenen besprochen. Auch Angehörige können sich beraten lassen und so helfen, den Teufelskreis zu durchbrechen.
Wie kann ich mehr über die Abhängigkeit von Glücksspielen erfahren?
Viel Wissenswertes rund um Glücksspielabhängigkeit haben wir in unserer BKE Suchbroschüre zusammengestellt.
Du kannst sie hier als PDF herunterladen ...
Wer hilft mir bei Abhängigkeit von Glücksspielen?
Unsere Selbsthilfegruppen vor Ort
Rechte Spalte unter "In deiner Nähe" die PLZ oder Ort eingeben und deine Gruppe finden.
Das BKE kann auf eine langjährige Erfahrung im Umgang mit Sucht und deren Überwindung zurückblicken. So ist jede unserer Gruppen vor Ort kompetent besetzt.
*Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) (Hrsg.): „Pathologisches Glücksspielen, Suchtmedizinische Reihe, Band 6“, Hamm: 2022