„Lebenswelten – Angehörige im Blick“
zu 1 a): Beschreibung des Projekts/Vorhabens
Die in unserem Verband bereits seit dem Jahr 2014 in einem Fachbereich engagierten Angehörigen und die in den letzten beiden Jahren neu ausgebildeten Angehörigenbegleitungen wollen mit diesem Projekt die "Lebenswelten" von Angehörigen verstärkt in den Fokus nehmen. Die Mitglieder des Fachbereichs mit den drei untergliederten Fachgruppen in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein sind Beauftragte des Bundesverbandes und der Landesverbände des Blauen Kreuzes in der Evangelischen Kirche.
In ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit haben sie in den letzten drei Jahren an drei wichtigen Schwerpunktthemen gearbeitet:
- Entwicklung einer Schulungsreihe „AHA - Angehörige helfen Angehörigen“, die Angehörige dazu befähigt, Hilfsangebote für Angehörige von Suchtkranken zu initiieren und zu Regelangeboten zu entwickeln
- Förderung der Gleichstellung von Angehörigen und Suchtkranken durch Sensibilisierung der Sucht-Selbsthilfe und der Öffentlichkeit
- Entwicklung eines Klinikkonzepts zur Etablierung früher Hilfen für Angehörige von Menschen mit einer Suchterkrankung
In das hier beschriebene Projekt fließen die Erfahrungen mit der Auseinandersetzung mit diesen Schwerpunktthemen ein.
Gleichsam sollen diese drei Bereiche differenziert bearbeitet und weiterentwickelt werden.
Die Schulungsreihe „AHA - Angehörige helfen Angehörigen“ muss an die veränderten Lebenswelten und vor allem an dem fachlich begründeten Paradigmenwechsel zum Konzept der „Co-Anhängigkeit“ angepasst werden. Dazu müssen die Bedürfnisse von Partnerinnen und Partnern, Kindern und Eltern, Geschwistern, Freundinnen und Freunden, Arbeitskolleginnen und –kollegen von suchtkranken Menschen in den Blick genommen werden. Das Memorandum der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) beschreibt die Situation und die Notwendigkeit der Förderung sehr treffend:
„Die Angebote der Sucht-Selbsthilfe in Gruppen sowie in der persönlichen Beratung und Begleitung richten sich sowohl an gefährdete oder abhängige Menschen sowie an Angehörige (und hier besonders an Partnerinnen oder Partner). In der Realität werden aber Angehörige nicht selten übersehen. Ihre Bedürfnisse und Anliegen gehen in der übermächtigen Suchtproblematik und der Hilfe für die/den Betroffene/n unter. Aber auch alte und veraltete Sichtweisen zur Rolle der Angehörigen im Suchtgeschehen tauchen immer wieder auf, wie z.B. der Begriff der „Co-Abhängigkeit“… Gleichwohl ist das Konzept der „Co-Abhängigkeit“ weder notwendig für ein Verständnis familiärer Dynamiken noch bietet es angemessene Möglichkeiten der Unterstützung hilfesuchender Angehöriger. Nach dem Konzept der „Co-Abhängigkeit“ werden Angehörige gleichermaßen zu potenziell Kranken erklärt, deren Heilungsweg ausschließlich in Form von Abgrenzung zum Suchtkranken möglich ist, unabhängig vom Wunsch des belasteten Paares bzw. des Angehörigen. Angehörige sowie die suchtmittelabhängigen Partner/innen sind jedoch in ihren Bewältigungsbemühungen und (Belastungs-) Reaktionen differenziert zu betrachten. Sie haben ein Recht auf individuelle Betrachtung ihrer Bedarfe und Bedürfnisse sowie auf individuell abgestimmte Hilfsangebote – sowohl innerhalb der beruflichen Hilfeeinrichtungen sowie auch innerhalb der Sucht-Selbsthilfe. Die Zuschreibung der „Co-Abhängigkeit“ verunsichert und schwächt die Angehörigen zusätzlich. Sie würdigt weder die ernstgemeinten und konstruktiven Bemühungen, das suchtkranke Familienmitglied zu unterstützen, noch nimmt sie die vielen (unter erschwerten Lebensbedingungen mobilisierten) Stärken und Bewältigungsstrategien Angehöriger ernst. Zudem wird es für Angehörige schwieriger, angemessen für sich selbst zu sorgen und bei Bedarf einen eigenen Zugang zu einem für sie angemessenen Hilfesystem zu finden, wenn sie mit einer stigmatisierenden Zuschreibung rechnen müssen.“
Damit einher geht das Thema „Gleichstellung“. Das Projekt will darauf hinwirken, dass Hilfs- und Behandlungsangebote für alle Menschen, die von Sucht betroffen sind, gleichermaßen zur Verfügung stehen.
Alle sind gleichermaßen BETROFFEN und für jeden einzelnen Menschen soll es angemessene und bedarfsgerechte Unterstützung geben.
Zum einen soll diese Sensibilisierung durch Aufklärungs- und Öffentlichkeitsarbeit im eigenen Verband und darüber hinaus in befreundeten Sucht-Selbsthilfeverbänden sowie der beruflichen Suchthilfe erwirkt werden.
Zum anderen soll eine Schulungsreihe konzipiert werden, die dazu befähigt, in Kooperation mit Fachkliniken und qualifizierten Behandlungsstellen, frühe Hilfen für Angehörige in die entsprechenden Behandlungskonzepte zu verankern.
zu 1 b): Zielsetzung des Projektes
Gesamtziel des Projekts „Lebenswelten – Angehörige im Blick“ ist demnach die Schaffung eines gleichwertigen Hilfs- und Behandlungsangebots für alle BETROFFENEN.
Die Ziele des Projekts im Einzelnen:
- Aufbau und Stärkung der Hilfsangebote für Angehörige
- Schaffung leichter Zugänge zum Hilfesystem für Angehörige
- Verbesserung der Netzwerkarbeit intern und extern mit der beruflichen Suchthilfe
- Zeitgemäße Darstellung der Angehörigenarbeit in der Öffentlichkeit
- Sensibilisierung der Allgemeinheit für die Lebenswelten von Angehörigen
- Respektvolles und wertschätzendes Miteinander
- Verbesserung der psychischen und physischen Gesundheit von Angehörigen
zu 1 e): Projektaufbau, Projektdurchführung und Projektumsetzung
Das Projekt gliedert sich in drei Projektphasen (drei Jahre) mit verschiedenen Projektbausteinen:
1. Projektphase (01.01.- 31.12.2017), Projektbausteine 2017:
- Ein Treffen der Projektsteuerungsgruppe (04.)
- Zwei zentrale Projektteamtreffen des Fachbereichs Angehörige incl. Coaching/Fortbildung (02. + 02.b)
- Intervisionstreffen des in 3 regionale Fachgruppen aufgeteilten Projektteams (03.)
- Erweiterungsseminar „AHA – Angehörige helfen Angehörigen“-Schulungskonzept (06.)
- Netzwerktreffen zur Optimierung der Kommunikation und Kooperation (05.)
- Öffentlichkeitsarbeit (Flyer Angehörige im Blick) (11.0)
2. Projektphase (01.01.- 31.12.2018), Projektbausteine 2018:
- Ein Treffen der Projektsteuerungsgruppe (04.)
- Zwei zentrale Projektteamtreffen des Fachbereichs Angehörige incl. Coaching/Fortbildung (02. + 02.b)
- Intervisionstreffen des in 3 regionale Fachgruppen aufgeteilten Projektteams (03.)
- 1. Schulungswochenende zum Klinikkonzept (07.)
- Netzwerktreffen zur Optimierung der Kommunikation und Kooperation (05.)
Öffentlichkeitsarbeit (Aufbau des Internetauftritts) (11.)
3. Projektphase (01.01.- 31.12.2019), Projektbausteine 2019:
- Ein Treffen der Projektsteuerungsgruppe (04.)
- Zwei zentrale Projektteamtreffen des Fachbereichs Angehörige incl. Coaching/Fortbildung (02. + 02.b)
- Intervisionstreffen des in 3 regionale Fachgruppen aufgeteilten Projektteams (03.)
- 2. Schulungswochenende zum Klinikkonzept (07.)
- Zukunftswerkstatt zur Sicherung der Nachhaltigkeit (08.)
- Netzwerktreffen zur Optimierung der Kommunikation und Kooperation (05.)
- Transferveranstaltung zur Implementierung als Regelangebot (09.)
- Öffentlichkeitsarbeit (Ausbau des Internetauftritts + Curriculum Klinikkonzept) (11.)